Nr. 81 März 03


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Studien zum THTR uvm. Die THTR-Pannenliste
Die HTR-Forschung Der THTR-Störfall im 'Spiegel'

Die THTR-Rundbriefe aus 2003

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THTR Rundbrief Nr. 81 März 2003


Forschungszentrum Jülich in der Kritik

Nicht nur wegen der umstrittenen Entwicklung und Hilfestellung zum Bau der THTR-Variante Pebble Bed Modular Reactor (PBMR) für Südafrika auch noch unter einer rot-grünen Regierung ist dieses dubiose Forschungszentrum in der öffentlichen Kritik. Der 15 MW HTR der Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor (AVR) Jülich wurde 1988 stillgelegt und sorgt nun für Schlagzeilen und Skandale am laufenden Band. Die „Süddeutsche Zeitung“ schrieb am 15. 2. 2003 in ihrem überregionalen Teil:

„Das unscheinbare Gebäude hat dem Bund mittlerweile eine beispiellose Kostenexplosion beschert: Ursprünglich sollte der Reaktorturm, der äußerlich an einen großen Getreidesilo erinnert, für 39 Millionen Euro versiegelt werden. Doch inzwischen summiert sich die Rechnung auf mehr als 200 Millionen Euro, ohne dass der radioaktive Schrott sicher verschlossen worden wäre. Jetzt soll das Fass ohne Boden ganz beseitigt werden. Der Haushaltsausschuss des Bundestages billigte am Donnerstag einstimmig eine Vereinbarung, die den Abriss des einstmaligen Herzstücks der Jülicher Atomforschung vorsieht. Erwartete Kosten: Weitere 200 Millionen Euro, den Aufwand für die einstige Endlagerung noch nicht eingerechnet. (...)
Fest steht immerhin, dass der größte Fehler bereits bei der Stilllegung der Anlage gemacht wurde. Damals billigte das Bundesforschungsministerium einen Vertrag mit der AVR, der den Rechnungsprüfern die Haare zu Berge stehen ließ. Der Bund sicherte dem Unternehmen zu, fast vollständig für die Kosten aufzukommen, ohne einen Zeitplan festzulegen. Danach zogen sich die Genehmigungen in die Länge. Jahre dauerte es, bis die Unterlagen dem zuständigen NRW-Energieministerium vorlagen. ‘Die Papiere kamen scheibchenweise’ heißt es aus dem Ministerium. ‘Wir hatten keine Erfahrung mit solchen Stillegungsarbeiten’, ver-
verteidigt sich der technische Geschäftsführer der AVR, Siegbert Storch. Zudem habe das Ministerium immer wieder Unterlagen nachgefordert, ein Gutachter habe ausgetauscht werden müssen. Das Ergebnis: ‘Bis 1994 ist gar nichts passiert’, so Storch.
Dennoch bezahlte die AVR 100 Mitarbeiter, die jahrelang auf die Genehmigungen warteten. ‘Was die in den ersten Jahren alle gemacht haben, weiß ich auch nicht’ , sagt Storch, der erst später zur AVR stieß. (Vielleicht haben sie ja an dem THTR für Südafrika geforscht; etliche Berichte auf der entsprechenden Internetseite des FZJ wurden erklärtermaßen während dieser Zeit geschrieben. - THTR-RB) Man habe sich lediglich mit ‘wiederkehrenden Prüfungen am Reaktorsystem’ und ‘Instandsetzungsarbeiten’ beschäftigen können. So verschlang die Ruine jährlich etwa 30 Millionen Mark. ‘Hier sind in aller Stille Jahr für Jahr Millionen in den Sand gesetzt worden, ohne dass sich der Bund erkennbar gekümmert hat’, sagt ein Atomexperte, der einmal mit der Genehmigung der Reaktor-Versiegelung befasst war. Auch der damals verantwortliche Forschungsminister Heinz Riesenhuber (CDU) räumt ein, dass dies ‘offenbar ein unglücklicher Vertrag’ ist. (...)
Auch später verlor sich die AVR im Dschungel des Atomrechts. Als die Erlaubnis 1994 endlich vorlag und die tennisballgroßen Brennelemente des Reaktors zusammengesucht wurden, stellte sich heraus, dass das FZJ gar keine Genehmigung zur Annahme hatte. Bei all dem musste der Bund zuschauen und zahlen. ‘Wir haben keine rechtlichen Möglichkeiten gegen die Kameraden’ heißt es aus dem Bundesforschungsministerium. Beteiligte Experten vermuten, dass die lange Untätigkeit des Bundes kein Zufall war. Die Beschäftigung mit dem Problem sei gar nicht erwünscht gewesen, so lange man beim Thema Atomkraft noch auf die Zukunft vertraut habe.
Dies änderte sich erst, als Rot-Grün 1998 an die Regierung kam. Zwei Jahre später war beschlossen, den Reaktor vollständig zu demontieren. Der Absicht folgte ein langwieriges Gezerre, wer für das Vorhaben aufkommen soll. Der Bundesrechnungshof erwartet nun weitere Kosten in Höhe von 300 Millionen Euro, NRW geht sogar von 400 bis 450 Millionen Euro aus. Klar ist bloß, dass das Groß der Kosten auch weiterhin beim Bund hängen bleiben wird. Berlin und Düsseldorf einigten sich schnell auf eine Kostenaufteilung von 70 zu 30, von dem ehemaligen Betreiber AVR, einem Zusammenschluss von 15 Stadtwerken, werden ganze 15 Millionen Euro beigesteuert. Die Energieunternehmen hätten den Nutzen aus der Forschung gehabt und übergäben dann dem Bund die teure Atomruine, heißt es im Forschungsministerium. Eine Handhabe gegen die 15 Stadtwerke, an denen teilweise Energieriesen wie RWE oder EON beteiligt sind, habe man jedoch nicht.
Mit dem jetzt von den Haushältern gebilligten Abrissplan wird die Geschichte des Forschungsreaktors noch lange nicht zu Ende sein. Bis 2012 haben die Experten der bundeseigenen Energiewerke Nord (EWN) Zeit für die Demontage. EWN-Chef Dieter Rittscher sieht damit ‘eine der schwierigsten Aufgaben, die wir je hatten’ auf sich zukommen. ‘Der Reaktor ist ein absolutes Unikat’, sagt Rittscher. Seine Mitarbeiter dürfen damit rechnen, unter hoher Strahlenbelastung radioaktiven Staub und verseuchte Maschinenteile aus dem engen und verwinkelt gebauten Atommeiler herauszuholen. Das Hauptproblem, der Reaktorkern, wird in Jülich zurückbleiben - wie ein hässliches Souvenir. Ein Spezialkran soll das 1700 Tonnen schwere Gebilde aus dem Gebäude heben, um ihn in der Nähe einzumauern. Nach 40 bis 50 Jahren, so Rittscher, könne man sehen, wie man mit dem strahlenden Ungetüm endgültig fertig werde.“

 

Landesregierung antwortete auf BI-Anfrage

Erst am 20. 2. 2003 erhielten wir die Antwort der NRW-Landesregierung auf die Kleine Anfrage von Rüdiger Sagel zum Forschungszentrum Jülich und sein Atomengagement für Südafrika (siehe THTR-RB 80). Während 15 Tage vorher dieses Schriftstück in diversen Zeitungsredaktionen schon herumgereicht wurde, informierte uns die Landesregierung als auslösende Fragesteller als Allerletzte und fügte noch ein paar Zeilen hinzu: „Da eine Vielzahl von Unternehmen in den USA, in Japan oder in Europa als technologisch kooperierende Partner infragekommen, könnte Ihre Bitte um Auflistung der augenblicklichen Partner nur von der Firma ESKOM selbst erfüllt werden. Eigene Informationen liegen dem Ministerium für Wissenschaft und Forschung nicht vor. Die infragestehenden Sicherheitsanalysen entsprechen dem satzungsmäßigen Auftrag des Forschungszentrums. Sie widersprechen weder dem Gesetz über die geordnete Beendigung der Kernenergienutzung noch der Konsensvereinbarung mit den Energieversorgungsunternehmen. Gerade die Sicherheitsforschung soll durch die Vereinbarung zum ‘Atomausstieg’ nicht behindert werden.“

 

Stellungnahme der BI zu den Antworten der Landesregierung:

Eine einzige Zumutung!

  • Das Forschungszentrum Jülich (FZJ) unterstützt und forciert den Bau neuer Atomkraftwerke mit Billigung von zwei rotgrünen Regierungen.
    Die Grundlage für die jahrzehntelange Hochtemperaturreaktor (HTR) Entwicklungsarbeit besteht nicht durch einen aktuellen bezahlten Auftrag aus Südafrika, sondern liegt darin begründet, dass dieses Forschungszentrum für diesen Zweck mit öffentlichen Geldern errichtet, unterhalten und gefördert wurde und wird.
    Da die öffentliche Kontrolle der inhaltlichen Ausrichtung der Forschungsarbeit unter den rotgrünen Regierungen in Bund und Land offensichtlich äußerst unzureichend erfolgte, muss nun die NRW-Landesregierung bei ihrer Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Rüdiger Sagel gute Miene zum bösen Spiel machen und die eigenmächtige Atompolitik des FZJ nachträglich abnicken.
    Es ist bemerkenswert, dass es sich gleich zwei rot-grüne Regierungen gefallen lassen, dass ein von ihnen inhaltlich zu steuerndes Forschungszentrum sich anmaßt, eine der offiziellen Regierungspolitik diametral entgegengesetzte Richtung einzuschlagen.
  • „Sicherheitsforschung“ ist ein dehnbarer Begriff
    Die NRW-Landesregierung schließt sich der Jülicher Sprachregelung an, dass es sich bei ihrer HTR-Förderung lediglich um Reaktorsicherheit-Forschung handeln würde, die legitim sei.
    Nach den Angaben des FZJ im Internet werden nicht nur die Sicherheitseigenschaften von Hochtemperaturreaktoren untersucht, sondern auch das „technische Potential“ sowie im Bereich der „Prozess- und Komponententechnik“ und zur „selbsttätigen Abfuhr der Nachwärme“ geforscht.
    Offensichtlich macht sich die Landesregierung die Argumentation von Jülich zu eigen, dass letztendlich alles im Bereich der atomaren Forschung irgendwie der Sicherheit dienen muss und es deswegen ausreicht, alle Aktivitäten unter dem Oberbegriff „Sicherheitsforschung“ laufen zu lassen. Konkrete Grenzen, wo Sicherheitsforschung anfängt und wo sie aufhört, werden von der Landesregierung nicht genannt.
  • Uran aus Hochtemperaturreaktoren ist kernwaffenfähig.
    Die Landesregierung behauptet, das zum Einsatz kommende niedrig angereicherte Uran sei nicht kernwaffenfähig. Tatsache ist, dass das Uran in den Brennelementen den Reaktor mehrmals durchwandert und immer stärker angereichert wird. Die Betreiber BBC und HRB schreiben in ihrer Broschüre „Unser Hochtemperaturreaktor THTR 300 ist ans Netz gegangen“ (undatiert) zu den Eigenschaften des HTR: „Die Brennstoffteilchen können gleichzeitig den Spaltstoff Uran und den Brutstoff Thorium enthalten; dieses ist selbst nicht spaltbar, wird aber während des Reaktorbetriebes in hochwertiges, spaltbares Uran umgewandelt und
    trägt so zur Leistungserzeugung bei. (...) Flexibilität bei der Brennstoffversorgung durch den Einsatz von Uran mit hoher, mittlerer oder niederer Anreicherung. Beim Kugelbettreaktor ist eine Umstellung des Brennstoffkreislaufes während des Betriebes möglich.“
    Des weiteren ist überaus fraglich, wie die von der Landesregierung angeführte Nicht-Weitergabe von Uran mit dem erklärten Ziel Südafrikas, den HTR zu exportieren in Übereinstimmung gebracht werden soll.
  • ESKOM: Ein unseriöser und umstrittener Partner von Jülich.
    Das südafrikanische Energieversorgungsunternehmen ESKOM, das nach Angaben der Landesregierung an der Entwicklung der THTR-Variante Pebble Bed Modular Reactor (PBMR) beteiligt ist, steht weltweit in der Kritik:
    „ In den Achtzigerjahren entwickelte sich das Schlüsselunternehmen des Regimes zu einem Staat im Staate. Es unterhielt eine eigene bewaffnete Miliz, die gegen Apartheitsgegner mit blutiger Gewalt vorging und auch im Bürgerkrieg zu Beginn der Neunzigerjahre schlagkräftig mitmischte. Damals produzierte ESKOM drei Viertel des süd-afrikanischen Stroms. (...) Seit dem Ende der Apartheit hat ESKOM über 4 Millionen Haushalte ans Stromnetz angeschlossen. Im selben Zeitraum stellte das Unternehmen 10 Millionen Südafrikanern zeitweilig den Strom ab, weil sie die unangemessen hohen Tarife nicht bezahlen konnten. Die Großabnehmerpreise hingegen, die ESKOM dem Bergbau und Stahlindustrie einräumt, sind die niedrigsten der Welt - zusätzlicher Anreiz zum Bau von Heizkraftwerken mit ihrem hohen Kohlendioxidausstoß. Das Unternehmen investiert 25 Mal so viel Geld in die Atomenergie wie in erneuerbare Energien und engagiert sich mit dem Segen von Weltbank und Nepad in ganz Afrika in Megaprojekten wie dem Bau gigantischer Wasserkraftwerke, namentlich in Angola, Botswana, Kamerun, Demokratische Republik Kongo, Ghana, Mali, Mosambik, Swasiland, Tansania und Sambia.“ (aus: „Le Monde diplomatique“, Dezember 2002)
    Von einem solchen Unternehmen ist wohl kaum ein verantwortungsbewusster Umgang mit der hochgefährlichen Atomkraft zu erwarten. Es zeigt sich deutlich, dass das FZJ bei der Auswahl seiner Kooperationspartner nicht gerade wählerisch ist.
  • Das FZJ versucht sich vor der Verantwortung für die eigenen atomaren Hinterlassenschaften zu drücken.
    Der Abriss des vor 15 Jahren stillgelegten HTR Jülich kostet mindestens 200 Millionen Euro. Die Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor (AVR) Jülich hat sich in den letzten Jahren auf den Standpunkt zurückgezogen, für die Entsorgung der atomaren Ruine nicht verantwortlich zu sein. Ein solches Verhalten hätte bei der NRW-Landesregierung und der Bundesregierung massive Zweifel an der Seriösität dieses Unternehmens wecken und zu einer genaueren Kontrolle des atomaren Forschungsbetriebes in Jülich führen müssen.
  • Wir fordern einen Untersuchungsausschuss und den sofortigen Stop der HTR-Forschung.
    Da weder die NRW-Landesregierung, die Bundesregierung, noch die Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungsinstitute in der Vergangenheit zu einer wirklichen Kontrolle des FZJ in der Lage waren, fordern wir die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses unter Hinzuziehung neutraler Sachverständiger, um prüfen zu lassen, ob in der Vergangenheit gegen bestehende Gesetze und Bestimmungen verstoßen wurde. In diesem Zusammenhang fordern wir die Veröffentlichung aller Verträge, Vereinbarungen, Unterlagen und Arbeitsergebnisse, die im Zusammenhang mit der HTR-Forschung und -Entwicklung in Jülich stehen. Die HTR-Förderung ist sofort einzustellen! (gekürzte Fassung)

 

WA-Verleger: Ippen bizarr

Im letzten Jahr meldete der Hessische Rundfunk in seiner Sendung „hauptsache kultur!“: „Es ist seit Jahren die größte Fusion auf dem deutschen Zeitungsmarkt. Die renommierte Hessisch Niedersächsische Allgemeine (HNA) geht an die Ippen-Gruppe: an einen Medienkonzern zu dem unter anderem der Münchner Merkur, die tz und die Offenbach Post gehört. (...) Noch völlig offen ist, ob der konservative Verleger Ippen auch die politische Richtung der sozialdemokratisch gefärbten HNA (Auflage: 230.000, THTR-RB) ändern wird. Unserem Reporter gegenüber hat er zumindest schon einen Vorgeschmack seiner Informationspolitik und Geisteshaltung geliefert ... . (...) Welche Linie wird Ippen in Kassel steuern? Unsere Interviewanfrage wurde mit einem Katalog von bizarren Bedingungen beantwortet: eine Filmerlaubnis gilt nur für sein Büro, nicht für den Verlag. Eine von Ippen herausgegebene Gedicht-Anthologie - „Des Sommers letzte Rosen“ - ist im Beitrag zu erwähnen, die Fragen zuvor grob aufzulisten. Ungewöhnliche Forderungen, ‘hauptsache kultur’ ließ sich trotzdem darauf ein. Ippen sagte erst zu ... und dann wieder ab.“

 

Fortsetzung des Artikels aus THTR-Rundbrief Nr: 78

Vor 25 Jahren erschien die erste Ausgabe von
"Der Grüne Hammer"

Der grüne Hammer - Ausgabe Nr.: 4 der zweiten Serie, herausgegeben von der GALÜber viele Ausgaben hinweg war die ausführliche Beschäftigung mit gewaltfreien, direkten Aktionen und zivilem Ungehorsam äußerst wichtig, denn es stellte sich für uns als Bürgerinitiative die immer drängendere Frage, wie der THTR noch gestoppt werden könnte.

In Anlehnung an die Aktionen Mahatma Gandhis und die Graswurzelrevolution-Bewegung entstanden in ganz Deutschland Gruppen, die 10% ihrer Stromrechnung kürzten, solange Atomkraftwerke mit diesem Geld gebaut oder betrieben werden. Während im benachbarten Dortmund zahlreiche Stromgeldverweigerer diesen Akt des zivilen Ungehorsams durchführten, waren es in Hamm leider nur sehr wenige Haushalte. Da der hauptverantwortliche Redakteur Siegbert Künzel als "Totalverweigerer" nicht nur den Kriegs- sondern auch den Zivildienst verweigerte, war es sehr naheliegend, Krieg und Militär auch in dieser Zeitschrift verstärkt zu thematisieren. Dies geschah nicht abstrakt, sondern konkret auf Hamm bezogen. Es ging um Katastrophenschutz und Kriegsvorbereitungen, mögliche Atomwaffen in der Nähe von Hamm, eine anzustrebende Atomwaffenfreie Zone. Berichte über Demonstrationen, die mobile Friedensausstellung, "Schweigen für den Frieden", oder Aktionen ("Wie kam die Taube an den Bunker?") zeigten beispielhaft auf, dass man auch vor Ort eine Menge gegen Krieg und Gewalt tun kann. So wurde Anfang der 80er Jahre der "Grüne Hammer" auch ein Bestandteil der sich neu formierenden, großen Friedensbewegung.

Schon recht früh wurde im "Grünen Hammer" auf rechte Strömungen in der Ökologiebewegung eingegangen. Zum Beispiel auf Herbert Gruhl, der eine Art Ökodiktatur propagierte. Durch Buchbesprechungen des Öko-Anarchisten Bookchin, Hinweise auf Bücher wie "Wozu noch in die Parlamente?", "Freiheitlicher Sozialismus", "Direkte Aktion" und Nachdrucke der Zeitschrift "Graswurzelrevolution" setzte die Redaktion Akzente, die auf eine Stärkung der aktionsorientierten Bürgerinitiativbewegung hinausliefen.

Die Grünen, die sich erst 1979 gründeten, kamen mehrere Male durch Berichte und ein Interview zu Wort. In einigen Artikeln stellte die Redaktion die grundlegenden Unterschiede zwischen Bürgerinitiativen und der Partei "Die Grünen" heraus. Sie stellte aber fest, dass die inhaltlichen politischen Ziele bei beiden politischen Gruppen die gleichen sind - das waren noch Zeiten! Die Art und Weise wie die Grünen politisch agierten, stieß schon damals bei Redaktionsmitgliedern auf Kritik: "Die Anhänger der Grünen Partei behaupten immer noch, sie seien der parlamentarische Arm der Bürgerinitiativen. Dabei läuft die Zusammenarbeit mit der BI und der Wählergemeinschaft die Grünen extrem dürftig. Ja, man kann den Eindruck gewinnen, daß für die Grüne Partei die anderen Umweltschutzorganisationen nur insofern wichtig sind, als das sie ein beliebig ausnutzbares Stimmvolk darstellen. Was für Impulse hat hier in Hamm die Grüne Partei gegeben, um das Umweltbewußtsein der Bevölkerung zu wecken? - Keine!!! Dafür haben sich aber umso mehr Menschen mit müßigen Prozentspekulationen und Zahlenspielchen davon abhalten lassen, selbstständig handelnd da einzugreifen, wo es Ansatzpunkte gibt" (aus Nr. 12, 1980).

In den letzten Ausgaben wurde ein Kulturteil eingerichtet, indem hauptsächlich Gedichte abgedruckt und eine Kulturwoche vorbereitet wurden. Rückblickend kann festgestellt werden, dass der "Grüne Hammer" mit insgesamt 23 Ausgaben in den Jahren 1977 bis 1982 und einer Auflage von meist 500 Exemplaren in einer Stadt mit 170.000 Einwohnern rein mengenmäßig kein starkes Gegengewicht zur Hammer Monopolpresse sein konnte. Aber es war ein gelungener Versuch, für die aufkommende Umweltschutzbewegung bei anderen Menschen Interesse zu wecken, bestehende Gruppen miteinander ins Gespräch zu bringen und Grundlagenwissen in Sympatisantenkreisen zu verankern. Ein Teil der Leser und Redakteure dieses kleinen Blättchens spielen nicht ohne Grund heute in der Kommunalpolitik Hamms eine nicht ganz unbedeutende Rolle.

Doch die Geschichte von "Der Grüne Hammer" ist hiermit noch nicht ganz zu Ende. 1984 hat das ehemalige Redaktionsmitglied und Mitglied der Bezirksvertretung Hamm-Uentrop (1984 bis 1989) Horst Blume dieses Blatt als Stadtteilzeitung der Grün-Alternativen Liste für den Bezirk Hamm-Uentrop wieder aufleben lassen. Diese Wählergemeinschaft aus verschiedenen Bürgerinitiativen und den Grünen trat in Hamm zur Kommunalwahl an. Als kostenlos verteilte Sendung wurden vier Zeitungen von 1984 bis 1986 in einer Auflage von bis zu 8.000 Exemplaren nahezu flächendeckend in Uentrop verteilt. Neben dem Kommunalwahlprogramm enthielt es zum Teil sehr scharfe und polemische Abrechnungen mit den etablierten Parteien. Umweltschutz und Kritik an dem THTR waren die Schwerpunktthemen. Aber auch die Sozialpolitik wurde nicht ausgespart. Der Artikel "Keine Billiglöhne für arbeitende Sozialhilfeempfänger" (Nr. 3, 1985) hat an Aktualität wohl nichts verloren. 1989 gab eine neue Redaktionsgruppe noch einmal eine fünfte Ausgabe heraus. Diesmal, um das Kommunalwahlprogramm und die Kandidaten der Grünen in Hamm-Uentrop vorzustellen.

Horst Blume (Ehemaliges Redaktionsmitglied von "Der grüne Hammer")

 


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