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THTR Rundbrief Nr. 129, Dez. 2009
Inhalt:
Zum Tod von Theo Hengesbach
Duisburg, Mühlheim, Essen - Atomindustrie des Ruhrgebiets will Müll im Münsterland verschwinden lassen.
THTR-Widerstandexponate im Rahmen der Kulturhauptstadt Europa RUHR.2010 sind höchst aktuell!
Zum Tod von Theo Hengesbach
Am 15. November 2009 ist Theo Hengesbach im Alter von 55 Jahren nach einer längeren Krebserkrankung gestorben. Er war einer der Mitbegründer der Bürgerinitiativen gegen Atomkraftwerke in den Regionen Hamm und Dortmund und prägte Diese durch sein umsichtiges, freundliches und beharrliches Beispiel für viele Jahre maßgeblich. Er machte uns mit der Handhabung von gewaltfreien Aktionen und mit Zivilem Ungehorsam bekannt.
In Dortmund ging er völlig neue Wege in der Gemeinwesenarbeit. Als Sozialarbeiter im Kreuzviertel setzte er sich für die Rechte älterer Menschen ein und beeinflusste in dem Bereich der Altenarbeit jahrzehntelang die Landes- und Bundespolitik. Im Jahre 2000 wurde Theo vom zuständigen NRW-Ministerium zur Landesseniorenkonferenz berufen. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen für sein Engagement. Sein Ziel war nicht bevormundende Betreuung, sondern selbstständiges Leben im Alter und mehr Mitbestimmung älterer Menschen auf allen Ebenen. Wichtige Inspirationsquelle für ihn waren Leben und Werk von Mahatma Gandhi. Sein Wissen gab er an uns weiter - nicht mit missionarischem Eifer, sondern als selbstloses Angebot, das wir gerne annahmen.
Am Anfang stand eine Kontaktanzeige in Ausgabe 17 der Zeitschrift "Graswurzelrevolution" im Jahre 1975, um MitstreiterInnen gegen Atomkraftwerke zu finden. Theo Hengesbach und Teile der Gewaltfreien Aktion Arnsberg bereiteten zwecks Aufnahme des Studiums ihren Umzug nach Dortmund vor. Sie setzten sich mit den Gefahren von Atomkraftwerken auseinander und zogen praktischerweise gleich in die "Höhle des Löwen". Dortmund war der Sitz der Vereinigten Elektrizitätswerke, die für den Bau des Thorium Hochtemperaturreaktors (THTR) in Hamm verantwortlich waren. In der Hammer Gruppe der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) wurde die Graswurzelrevolution gelesen und sehr bald kam es zu einem intensiven persönlichen Meinungsaustausch.
Wenige Wochen später, noch vor der eigentlichen Gründung der Bürgerinitiative Umweltschutz zogen wir mit fünf Leuten und einem vier Meter hohen Skelettgerüst, Plakaten und Flugblättern durch die Hammer Innenstadt. Ich bekam einen Fotoapparat in die Hand gedrückt und fotografierte, denn für samstagvormittags war kein Fotograf oder Journalist aufzutreiben. Zwei Tage später titelte fast die gesamte Ruhrgebietspresse "Zum ersten Mal Straßenprotest gegen Uentroper Kernkraftwerk".
Ab jetzt ging alles ganz schnell. Bürgerinitiativen waren damals ein neues Phänomen, über das wir wenig wussten. Neue Strukturen mussten aufgebaut, neue Aktionsformen ausprobiert werden. Theo brachte in seinem Koffer nicht nur die Blättchen und Broschüren der badisch-elsässischen Bürgerinitiativen mit, die uns ein oder zwei Jahre voraus waren. Sondern auch Bücher von Gandhi, Tolstoi und Kropotkins "Gegenseitige Hilfe". Mit letzterem Titel deutete sich schon damals an, dass er nicht bei abstrakten Aufrufen stehenbleiben würde, sondern praxisorientierte Gemeinwesenarbeit sein weiteres Leben ausfüllen würde.
Unsere erste Platzbesetzung im Jahre 1976 hat Theo mit uns minutiös vorbereitet. Neben dem teuren Atom-Propagandazentrum der VEW in Uentrop stellten wir unser Infozelt nicht irgendwie einfachso auf, nachdem der Stacheldrahtzaun überwunden wurde. Sondern es gab für Jede/n der über hundert "BesetzerInnen" ein spezielles Vorbereitungsblatt mit Handlungsempfehlungen: Immer offen für ein freundliches Gespräch sein -- und dabei standhaft bleiben. Ein Blatt für die Polizisten: Wir sind gewaltfrei und wollen auch euch vor der Radioaktivität schützen. Zusätzlich noch ein Extra-Blatt für die JournalistInnen, in dem die Hintergründe der Aktion erklärt wurden. Und für die neugierigen ZuschauerInnen gabs neben dem Infozelt einen Würstchengrill (liebe VegetarierInnen, wir bitten um Nachsicht ...).
Er machte uns vor, wie man sich in Presseerklärungen und Gesprächen so ausdrückt, dass die meisten Menschen verstehen und nachvollziehen konnten, worum es uns ging. Geduldig erklärend, höflich, aber auch nachdrücklich und bestimmt. Dies ebenfalls zu tun, war nicht immer einfach, sondern oft anstrengend. In den folgenden Jahren versuchten viele andere politische Gruppen und Parteien uns als Bürgerinitiative zu vereinnahmen oder uns bestimmte (pseudo-)militante Aktionen oder einen verbalradikalen Sprachstil aufzuzwingen.
Theo hingegen war ein ganz anderer Mensch. Er verhielt sich angenehm zurückhaltend und rücksichtsvoll. Mit ihm zusammen sahen viele von uns die "ungezügelte Freude am erregenden Tun" (Gandhi) kritisch und versuchten bei dem damals weitverbreiteten Brokdorf-Hype einen klaren Kopf zu behalten. Was hatte es für einen Sinn, wenn zehntausende Menschen viele hundert Kilometer weit für ein paar Stunden zu den vermeintlichen Kristalisationspunkten des Anti-Atom-Widerstandes fuhren, aber vor ihrer eigenen Haustür seltsam wenig in Bewegung brachten und veränderten?
Als zehn Jahre später im Jahre 1986 der große Störfall im THTR die Menschen in der Region beunruhigte, pochten westfälisch-eigensinnig die "Bauern und Verbraucher gegen Atomkraft" auf ihr Recht, ihren Widerstand bei Blockaden und Besetzungen gewaltfrei so zu gestalten, wie sie selbst es wollten -- und hatten nach drei Jahren Erfolg damit. Für manche Andere in der Anti-Atombewegung waren wir mit unserem "bürgernahen" Auftreten zu langweilig, nicht revolutionär und spektakulär genug. Als wir uns diese bitteren Vorwürfe immer wieder anhören mussten, dachte ich oft an die Anfangsjahre zurück, in denen Theo ähnliche Zuschreibungen mit Gelassenheit und der Gewissheit ertrug, dass Jahrzehnte später die Geschichte aufgrund der Faktenlage ein objektives Urteil fällen wird.
Theo hat uns in Hamm -- es gab ja in den 70er und 80er Jahren weder Internet noch Mailbox -- hunderte (!) von Briefen mit Zeitungsausschnitten, Aufmunterungen, Anregungen und Strategievorschlägen zugeschickt. In dem "Info für gewaltfreie Organisatoren", der eher internen Zeitschrift der GraswurzelrevolutionärInnen, analysierte er in einer jeweils mehrseitigen Artikelfolge über 19 Ausgaben hinweg die Entwicklung des Widerstandes gegen den THTR. Fachbeiträge in "Gewaltfreie Aktion" vom Versöhnungsbund kamen noch hinzu. Wenn auch die BauzaunkämpferInnen verächtlich auf die unscheinbare kleine gewaltfreie BI in Hamm herabblickten -- FriedensforscherInnen und BewegungsarbeiterInnen werteten unsere Erfahrungen und Experimente mit Hilfe von Theos kritisch-solidarischen Berichten mit großem Interesse aus.
Theo schrieb in der Zeitschrift "Gewaltfreie Aktion" (Versöhnungsbund) und "Umweltmagazin" (Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz) über seine Erfahrungen in Hamm und Dortmund. Mit seiner 77seitigen Broschüre "Ziviler Ungehorsam und Demokratie" griff er 1979 vielbeachtet in die Diskussion über Widerstandsformen ein. Die mit Michael Schweizer zusammen herausgegebene 56seitige Schrift "Stromgeldverweigerung" prägte eine ganze Generation gewaltfreier AktivistInnen. Mit dieser gut durchdachten, medienwirsamen Aktion des Ungehorsams wurde in Dutzenden von Städten die Atomindustrie massiv unter Druck gesetzt (siehe nächster Artikel).
Als 2007 in Dortmund der internationale Urankongress stattfand, schaute Theo mal wieder vorbei, um uns wiederzusehen und um Anteil an einer kraftvollen Bewegung zu nehmen, die er maßgeblich vor 34 Jahren mit in Gang gesetzt hat. Es ist unsagbar traurig, dass er die nächsten Jahrzehnte nicht mehr erleben kann.
Weitere Nachrufe auf Theo Hengesbach sind in der Graswurzelrevolution Nr. 345 (Januar 2010) und unter www.kreuzviertel-verein.de zu finden.
Stromzahlungsboykott: Mit Geduld und Spucke...
Im Mai 1978 beschloß die Gewaltfreie Aktion Umweltschutz, mit der Organisierung der Stromgeldverweigerung zu beginnen. Anlaß dazu gab es reichlich, hatte die VEW doch an zwei Standorten insgesamt vier Atomkraftwerke in Betrieb, Bau oder Planung. Zudem ist die VEW Mitglied der Dt. Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen, die für den Bau des Atommüll-Zwischenlagers in Ahaus und der Wiederaufarbeitungsanlage in Gorleben verantwortlich ist.
Etwa ein halbes Jahr lang wurde organisiert, Material erarbeitet, Flugblätter verteilt, Gruppen und Einzelpersonen angesprochen. Auf der ersten Vollversammlung am 1. Dezember 1978 wurde beschlossen, daß die bisher 100 Haushalte anfang 1979 mit der 10%-Verweigerung beginnen werden. Zuvor wollten die Teilnehmer schriftliche Begründungen für ihren Boykott verfassen und diese Briefe in einem vorweihnachtlichen Happening der VEW gemeinsam übergeben.
Weihnachtsgeschenk für die VEW
Es war drei Tage vor Heiligabend, als sich ein kleiner Demonstrationszug, etwa 30 Leute, auf den Weg zur VEW-Hauptverwaltung machte.
Während dort noch zu den Melodien alter Weihnachtslieder neue verfasste Texte zu Atomenergie und zu Stromgeldverweigerung erklangen, sah man einen Weihnachtsmann auf einem Fahrrad herbeiradeln, der sich gleich an die Demonstranten wandte. Dies sei doch hier die VEW? Ja! Er sei zum ersten Mal hier und müsse mal in seinem goldenen Buch nachsehen, was denn die VEW an guten Taten im vergangenen Jahr vollbracht habe. Doch was war das? Im goldenen Buch waren keine guten Taten verzeichnet! Dafür war die Liste der Missetaten im schwarzen Buch um so länger; die Stromgeldverweigerung schien als kleine Hilfe zur Besserung nötig zu sein, und während draußen weiterhin Lieder gesungen wurden, überbrachte eine Delegation der VEW die oben erwähnten Briefe. Die Vertreter der VEW, die uns empfingen, waren nicht sonderlich freundlich, quittierten uns aber ohne weiteres ordentlich den Eingang der Weihnachtspost. Am Abend und am nächsten Tag war dann die Freude groß: das Fernsehen brachte einen ganz guten Bericht über die Aktion und die Hintergründe, die regionale Presse berichtete wohlwollend, zum Teil sehr ausfühlich im überregionalen Teil, sodaß diese Aktion in puncto Presse zum Besten gehörte, was bisher im Umweltschutz-Bereich in Dortmund in den letzten Jahren gelaufen ist.
Schon bei der ersten Vollversammlung war beschlossen worden, am 1. Februar 1979 eine gemeinsame Einzahlungsaktion durchzuführen, um den Beginn der Aktion in Dortmund noch einmal deutlich darzustellen. Im Gegensatz zur Weihnachtsaktion hatten wir diesmal der VEW unser Kommen nicht angekündigt.
Einzahlungsaktion
Wir versammelten uns kurz vor Mittag, wieder mit etwa 30 -- 40 Leuten, vor dem VEW-Kundenzentrum in der Innenstadt, ausgeschmückt mit Transparenten und Sandwiches. Doch als die zahlungswilligen Stromgelverweigerer ihre 90% einzahlen wollten, waren die Türen der VEW verschlossen. Unsicher dreinschauende Pförtner und VEW-Angestellte gaben uns deutlich zu verstehen, daß wir nicht hineingelassen würden. Selbst der Versuch der Kommunikation mittels Megaphon durch die Glastür wurde brüsk abgewiesen. Auch unser Angebot, daß die Teilnehmer einzeln und nicht gemeinsam das Gebäude betreten, wurde nicht akzeptiert. Es blieb uns also nichts übrig, als ein internes Unterhaltungsprogramm ablaufen zu lassen und mit Passanten und anderen VEW-Kunden zu sprechen, die bei der Hintertür des VEW-Gebäudes Einlaß fanden.
Die Lage änderte sich erst, als ein von der VEW herbeigerufener Streifenwagen eintraf. Wir sahen die Beamten mit VEW-Angestellten sprechen, dann kamen sie zu uns, monierten einzig die von einem Demonstranten geblasene Trompete (Verstoß gegen das Immissionsschutzgesetz), und plötzlich öffnete Sesam sich. Einzeln durften die Stromgeldverweigerer eintreten und ihre 90 % entrichten. Durchaus richtig berichtete die Westfälische Rundschau: "VEW schlossen für Stromgeldverweigerer Kassenhalle: Erst nach Polizeiintervention durfte jeder einzeln einzahlen."
Der Grund für den Sinneswandel der VEW war wohl der, daß sie sich im Annahmeverzug befunden hätten. Das hätte bedeutet, daß wir nicht verpflichtet gewesen wären, nochmal einen Versuch zu unternehmen, das Geld zu zahlen, vielmehr hätte die VEW die angebotenen 90 % bei jedem Haushalt abholen müssen. So ersparten sie sich zwar die Hausbesuche, mußten aber den Nachteil hinnehmen, aufgrund der Verzögerung die Kasse eine Stunde länger als üblich zu öffnen. Der Pförtner der VEW gab gegenüber uns anschließend auch zu, daß die ganze Angelegenheit weniger aufregend hätte ablaufen können, wenn man uns sofort eingelassen hätte. So hatte sich aber die Verhaltensweise der VEW positiv für uns ausgewirkt, und zwar bezüglich der Presse, als auch im Hinblick auf das Ansprechen der Passanten. Dynamik gewaltfreier Aktionen: die Repression schlägt auf den zurück, der sie ausübt.
Strobo-Alltag
Neben diesen spektakulären Aktionen wird hier natürlich viel Kleinarbeit geleistet. Dies betrifft vor allem die Teilnehmerwerbung, bei der wir auf persönliche Gespräche mit Einzelnen und Gruppen mehr Wert legen, als auf hohe Druckauflagen von Flugblättern. Um die Teilnehmer zusammenzuhalten und gemeinsame Arbeit zu entwickeln, gab es eine Fete und die Gründung von Arbeitsgruppen, die dazu beitragen sollen, daß bei Prozessen durch sachlich fundierte Argumentation soviel wie eben möglich herausgeholt wird. Inzwischen erfreut sich auch die Organisationsgruppe größeren Zulaufs.
Bis Mitte März 1979 haben etwa 135 Haushalte über 1000 DM auf das Treuhandkonto überwiesen, pro Woche kommen einige Überweisungen hinzu. Die VEW verschickte als Reaktion Mahnungen, erklärte diese aber für erledigt, wenn der betroffene Verweigerer bei der VEW anrief und erklärte, warum er nur 90% gezahlt habe. Nach unseren Informationen ist es so, daß die VEW-Juristen selbst noch über ihre Vorgehensweise nachdenken. Wir erklären unsererseits, daß wir die Prozesse erwarten und darauf vorbereitet sind, dort eine argumentative Auseinandersetzung mit der VEW zu führen.
Theo Hengesbach
Aus: Graswurzelrevolution Nr. 41, Mai 1979
Duisburg, Mühlheim, Essen:Atomindustrie des Ruhrgebiets will Müll im Münsterland verschwinden lassen. |
NRW hat seit der Stilllegung der Atomkraftwerke in Hamm, Würgassen und Jülich schon seit langer Zeit so gut wie nichts mehr mit der Atomindustrie zutun?? -- Weit gefehlt!
Die nuklearen Hinterlassenschaften sorgen mitten im Ruhrgebiet, dort sogar in Wohngegenden, für Gefahren. Nicht nur die 152.000 radioaktiven Brennelemente aus dem Mini-THTR in Jülich, sondern auch leicht- und mittelradioaktives Material aus Duisburg soll in Zukunft in das Zwischenlager nach Ahaus gebracht werden.
Kaum jemand kennt die GNS (Gesellschaft für Nuklear-Service) und noch weniger Menschen kennen die Atommüll-Konditionierungsanlage der GNS in Duisburg-Wanheim. Die Atomanlage grenzt direkt an ein Wohngebiet an und liegt auf halbem Weg von Jülich nach Ahaus. Am 14. November 2009 meldete die taz in Zusammenhang mit der Genehmigung für neuen Atommüll nach Ahaus, dass dieser "schwach- und mittelaktive" Atommüll laut GNS u. a. in der Duisburger Konditionierungsanlage lagerfähig verpresst wird. Die GNS nutzt u. a. sog. Mosaik II-Behälter, in die hochverstrahlter Atommüll aus dem Core der Reaktorkerne verpackt wird. Schon leer wiegen die Behälter gut 10 Tonnen.
Inzwischen wurde bekannt, dass in Duisburg Anfang 2009 indischer Atomschrott für "ein halbes Jahr" eingelagert wurde. Zudem darf die GNS ihren verpressten Atommüll auf dem Werksgelände laut Rheinischer Post für "zwei bis vier Jahre" zwischenlagern (Quelle: Europaticker).
Die Rheinische Post schrieb am 30. 11. 2009: "Aus der 1974 gegründeten Gesellschaft für Nukleartransporte wurde 1977 die Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS). Die Betriebsstätte im Duisburger Süden ist eine von vielen Standorten wie beispielsweise Essen, Jülich, Mülheim oder Ahaus. Zu den Aufgabenfeldern des Unternehmens gehören Abfall-Service-Leistungen für Kernkraftwerke, Wartung, Reparatur und Stilllegung kerntechnischer Anlagen, Brennstoffentsorgung sowie der Betrieb von Zwischenlagern für radioaktive Abfälle. Im Jahr 1985 mietete sich die GNS in Wanheim ein. 18 Mitarbeiter sorgen an der Friemersheimer Straße auf dem Industriegelände der Sona-Präzisionsschmiede in Wanheim dafür, dass radioaktiv kontaminierte Stoffe gereinigt und für das Zwischenlager in Gorleben und ab sofort auch Ahaus aufbereitet werden."
Die GNS ist eine Tochter der Atomkonzerne (48% EON, 28% RWE, plus EnBW + Vattenfall). Die GNS betreibt in NRW u. a. auch im stillgelegten AKW Würgassen an der Weser eine weitere Konditionierungsanlage zum Rückbau des AKWs. Auch in Jülich ist die GNS stark vertreten (z. B. mit einer von drei niedersächsischen (!) Landessammelstellen) und in Karlsruhe am Bau der Verglasungsanlage beteiligt (Quelle: Europaticker).
Wie stark die Atomindustrie auch im Ruhrgebiet vertreten ist, wird aus der GNS-Pressemeldung vom 4. 12. 2009 deutlich, in der der Umzug der GNS-Hauptverwaltung nach Essen-West im Jahre 2011 bekanntgegeben wird. In der Zentrale sind immerhin 300 Mitarbeiter beschäftigt.
Die Rheinische Post zitiert den Pressesprecher der GNS, Michael Köbl, zu den neuen Aktivitäten wie folgt: "Wir sind seit 1985 in Duisburg tätig. Seitdem finden ständig Transporte statt. Für Duisburg wird sich nichts verändern", sagte er gestern auf Anfrage unserer Zeitung. Nach seiner Kenntnis finden jede Woche deutschlandweit zwei Transporte von schwachen oder mittelstark verstrahlten Stoffen statt.
In einer Presseerklärung widersprechen die Bürgerinitativen den Verharmlosungsversuchen Köbls: "Anscheinend bringt der Ausbau der Konditionierungsanlage mittelfristig Kapazitätsprobleme bei der Lagerung des verpressten Atommülls mit sich. Da die Lagerungsmenge vor Ort begrenzt ist, soll Ahaus nun als Zwischenpuffer vor der angestrebten Endlagerung ab 2014 herhalten. So erklärt sich aus unserer Sicht auch die ungewöhnliche Begrenzung der Ahauser Einlagerungsgenehmigung auf maximal zehn Jahre," erklärte Felix Ruwe von der BI "Kein Atommüll in Ahaus".
"Die Atomindustrie erstickt in ihrem eigenen Atommüll. Ahaus soll zum Auffangbecken für den rasant wachsenden Atommüllberg werden. Doch niemand weiß nach den dramatischen Erfahrungen im "Versuchsendlager" Schacht ASSE, ob im ebenfalls ungeeigneten Schacht Konrad überhaupt jemals Atommüll eingelagert wird. Die Leidtragenden werden die Menschen in Ahaus und Duisburg sein, wo sich der Atommüll bereits jetzt stapelt. Duisburg wird durch die geplanten Atomtransporte besonders hart betroffen sein. Ob per LKW oder Bahn - in beiden Fällen wird der Atommüll mitten durch belebte Wohngebiete fahren. Dagegen wird es auch in Duisburg Proteste geben, denn Duisburg soll zu einer Atommüll-Drehscheibe werden," so Willi Hesters vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.
Seit 2006 laufen beim Bundesamt für Strahlenschutz Genehmigungsanträge für 150 Transportbehälter aus La Hague (Frankreich). Der Transport dieser Behälter in das Zwischenlager Ahaus in den nächsten Jahren beginnen. Am 11.11. 2009 wurde bereits die Einlagerung von mittel- und schwach-radioaktivem Abfall aus dem Betrieb und dem Abbau alter Atomanlagen genehmigt. Diese Transporte könnten noch in diesem Jahr rollen.
Und auch aus Jülich möchten die Betreiber des Brennelementelagers Ahaus weitere Castoren in Ahaus einlagern. Die Genehmigungsverfahren für die Einlagerung neuen Atommülls in Ahaus laufen komplett unter Ausschluß der Öffentlichkeit.
THTR-Widerstandexponate im Rahmen der Kulturhauptstadt Europa RUHR.2010 sind höchst aktuell! |
Bereits im Jahre 2007 begannen die Vorbereitungen für die Ausstellung zum Thema Strukturwandel im Ruhrgebiet, die im Rahmen des neuen RuhrMuseums auf dem Gelände der Zeche Zollverein in Essen gezeigt werden soll. Diese Dauerausstellung ist ein Kernstück der Aktivitäten für die Kulturhauptstadt Europa RUHR.2010.
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Hamm ist mit zwei Exponaten vertreten. Eines ist ein Flugblatt aus dem Jahre 1990, auf dem für einen Vortrag des Sprechers der BI Ahaus in Hamm geworben wird. Es trägt die Überschrift "THTR-Müll: Bloß weg von Hamm?!"
Es enthält eine Karikatur des Westfälischer Anzeiger-Zeichners Fritz Brümmers, der die radioaktiven Brennelemente des alle Viere von sich streckenden "Gaules" THTR als Pferdeäpfel darstellt, die nun keiner mehr haben will.
Das zweite Exponat besteht aus einem Plakat, das auf den dreitägigen Trecker-Treck der "Bauern und Verbraucher gegen Atomenergie" durch das Ruhrgebiet ab dem 10. Juli 1986 hinweist.
Wenige Wochen nach dem Störfall im THTR und der Katastrophe in Tschernobyl sind Bauern mit ihren Treckern in einem aufsehenerregenden Treck mit Stationen und Kundgebungen in Dortmund und Essen zur NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf gefahren, um Druck zu machen für die Stilllegung des THTR in Hamm.
Diese Exponate zeigen den Besuchern des RuhrMuseums, dass es im Ruhrgebiet einen ernstzunehmenden und letztlich auch erfolgreichen Widerstand gegen die nukleare Riskotechnologie gegeben hat. Sie befinden sich auf der sog. 6-Meter-Ebene der Kohlenwäsche in der Abteilung "Geschichte" (die mit der Industrialisierung des Ruhrgebiets beginnt), Kapitel "Strukturwandel", Thema "Krisen und Proteste", wo es u.a. um die Energiekrise geht.
Die beiden Ausstellungsstücke sind allerdings keineswegs ein nostalgischer Rückblick auf vergangene Zeiten, sondern höchst aktuell: Die vom Karikaturisten Brümmer dargestellten THTR-Brennelemente werden vielleicht noch in diesem Jahr 2009, mit Sicherheit aber 2010, erneut auf eine riskante Reise geschickt. Möglicherweise durch das Ruhrgebiet. Es sind die in 152 Castorbehältern lagernden 300.000 Kugeln des kleinen THTR im Forschungszentrum Jülich, die nach Ahaus transportiert werden sollen.
Am Sonntag, den 20. Dezember 2009 um 14 Uhr findet vor dem Zwischenlager in Ahaus eine überregional organisierte Demonstration gegen die geplanten Atommülltransporte statt. Am Tschernobyl-Jahrestag, den 24. April 2010 steht Ahaus als einer von drei bundesweiten Demonstrationsorten bereits fest.
Vertreter der BI Hamm sind vom RuhrMuseum eingeladen worden, an dem Festakt zu Eröffnung der Ausstellung am 9. Januar 2010 teilzunehmen. Wenn dort Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, Oberbürgermeister und Vertreter der Bundesregierung die Grußwörter sprechen, wird also auch die Anti-Atom-Bewegung präsent sein. Aber das ist sie ja schon seit 35 Jahren, denn so alt wird die Hammer BI nächstes Jahr.
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