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Die THTR-Rundbriefe aus 2015

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THTR Rundbrief Nr. 145, Mai 2015:


Inhalt:

Der THTR im Visier der Geheimdienste

THTR in China und Südafrika: Ein Überfall

AVR Jülich: Sollen Castoren nach Ahaus?

THTR-Kosten: Eigenkapital aufgezehrt

WA-Verleger expandiert: Tippen für Ippen

Erwitte: Längster Streik der BRD-Geschichte

Vor 30 Jahren: Katastrophenschutzplan für THTR

Braunkohle: Widerstand im Rheinland

 


Der THTR im Visier der Geheimdienste

Der THTR-Rundbrief Nr. 145, Mai 2015Ausgerechnet der Pleitereaktor THTR weckte Begehrlichkeiten bei verschiedenen Geheimdiensten. - Sind die denn komplett meschugge, könnte man fragen. Aber nein, das auffällige Interesse an dieser speziellen Nukleartechnologie ist rational durchaus nachvollziehbar. Der aus Uran-Plutonium bestehende nukleare Brennstoff des in den 60er Jahren entwickelten Kugelhaufenreaktors lässt sich weiter anreichern und damit zum Bau von Atombomben nutzen.

Dies war auch ein Grund, warum die USA in den 60er Jahren so empört reagierte, weil die Bundesrepublik sich zunächst weigerte, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen, während gleichzeitig immer noch ehemalige Nazi-Wissenschaftler in den Schaltzentralen der bundesdeutschen Nuklearforschung wirkten (1).

Kein Wunder, dass der ehemalige Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) Hans-Georg Wiek sogar heute noch auf seiner eigenen Homepage Werbung (2) für diese „bahnbrechende“ Energieform macht. Selbstverständlich stellt er hier den Thoriumaspekt der Reaktorlinie in seinen Betrachtungen in den Vordergrund, er ist ja nicht dumm.

Am 8. Februar 2015 enthüllte die WAZ, dass der THTR Hamm ein wichtiges Ausspähungsziel der Stasi der DDR war. 25 Jahre nach dem Ende der DDR sind im Archiv des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes (BSTU) einsehbar. Ein WAZ-Redakteur hat erstaunliches zu Tage gebracht. Die DDR-Spione befanden sich direkt in den Firmen, die den THTR entwickelt und gebaut haben:

„Wolfgang Rudolf von der Hochtemperatur Reaktorbau GmbH, ab jetzt IM „Herzog“, wird von 1975 bis 1988 mehr als 2000 Informationen liefern. In 17 Fällen stuft die Staatssicherheit seine Beute als „sehr wertvoll“ ein. „Wertvoll“ sind weitere 200 Stücke. In Ost-Berlin kann man das Glück kaum fassen: IM „Herzog“ wird zur Top-Quelle. (...)

Rudolfs Firma errichtet im Auftrag des Energiekonzerns VEW den THTR 300 in Hamm-Schmehausen. Wie neugierig das Projekt die Stasi-Führung macht, räumt sie auf 21 Seiten ein: „Mit der Markteinführung und dem Betrieb von THTR erhält die BRD die Möglichkeit, in den Besitz von größeren Mengen an militärisch verwendbaren hoch angereichertem Uran-235 ... zu kommen“. Für Stasi-Boss Erich Mielke ist das eine alarmierende Analyse. (...)

Die Stasi kannte, durch „IM Herzog“, die Transpirationskühlung beim THTR 300 und den Brennstoffkreislauf genau so wie die Störfall-Szenarien und komplizierte Genehmigungsunterlagen. (...)

Die Verräter saßen in Firmen, die die HighTech-Vorhaben planten und hochzogen. Grundsätzliche Einordnungen der Technologien von Brüter und THTR kamen direkt aus der Bonner Regierungszentrale. Dort zweigte Flick-Lobbyist und CDU-Politiker Hans-Adolf Kanter alias IM „Fichtel“ das Material in Massen ab. 1995 erhielt er eine milde Strafe auf Bewährung.

„Die holen, was sie können“, stellte Heribert Hellenbroich, damals Chef der westdeutschen Spionageabwehr, 1979 fest. Tatsächlich reichte die Hauptverwaltung Aufklärung, für die Wolfgang Rudolf oder die Brüter-Informanten Katzmann und Schmidt arbeiteten, alle als brisant gewerteten Informationen an das DDR-Zentralinstitut für Kernforschung bei Dresden durch. Zentrales Ziel dort: Den Rückstand ostdeutscher Forschung durch Kopien der West-Entwicklungen aufzuholen.“ (3)

Heute forscht der ehemalige Jülicher Professor Antonio Hurtado (4) in Rossendorf bei Dresden weiter am THTR, schreibt Expertisen und führt Experimente für seine chinesischen Auftraggeber durch, die jetzt auf der Halbinsel Shandong den THTR bauen. – Wenn das keine historische Kontinuität ist! - Und schon sind wir beim nächsten Geheimdiensteinsatz:

 

THTR in China und Südafrika:

Ein Überfall

In Südafrika erschüttern zahlreiche Geheimdienstskandale das Land und werfen zudem noch ein sehr schlechtes Licht auf das „befreundete“ China, das mit vielerlei Großinvestitionen auf dem afrikanischen Kontinent von sich Reden macht.

Gespeist aus südafrikanischen Geheimdienstquellen veröffentlichten in diesem Jahr die englische Tageszeitung „Guardian“ und der arabische Fernsehsender „Al Dschasira“ zahlreiche Informationen über das Wirken von ausländischen Agenten in Südafrika.

Für uns interessant ist ein Aspekt, der auf ein mysteriöses Ereignis inclusive Schusswechsel im Atomzentrum Pelindaba im Jahr 2007 zurückgeht. Die „Frankfurter Rundschau“ schreibt:

„Peinlich dürften die Enthüllungen der afrikanischen „Brudermacht“ China sein. Der SSA (State Security Agency) zufolge brachen bewaffnete chinesische Agenten 2007 in die Nuklearanlage Pelindaba bei Pretoria ein, um geheime Unterlagen über die südafrikanische Kugelhaufenreaktor-Technologie zu stehlen. Südafrika war in der in Deutschland entwickelten Methode zur Gewinnung von Atomstrom damals mit führend. Inzwischen wurde die Forschung am Kap aus finanziellen Gründen eingestellt, während China die Führung übernommen hat“ (5).

Schusswechsel im Nuklearzentrum

Im südafrikanischen Pelindaba lagerten nicht nur die mittlerweile entschärften Atombomben der Apartheid-Ära, sondern auch die ersten radioaktiven Brennelemente für den geplanten Pebble Bed Modular Reactor (PBMR), der mit Hilfe des Forschungszentrums Jülich (FZJ) gebaut werden sollte. Den Überfall kommentierte ich im THTR-Rundbrief 2007 wie folgt:

„Eine Woche nach dem schwersten Anschlag auf eine Atomanlage in der jüngsten Geschichte werden einige neue Details bekannt. Die südafrikanischen Sicherheitsbehörden tappen aber offensichtlich noch immer im Dunkeln. (...) Die erste Angreifergruppe mit vier bewaffneten Männern bemächtigte sich eines Komputers, der anschließend auf einem Balkon in der Nähe des Kontrollzentrums liegengelassen wurde. Ob die Festplatte entfernt wurde, ist bisher nicht bekannt geworden. Auf den südafrikanischen Internetseiten verschiedener Zeitungen wurde festgestellt, dass sich die Täter äußerst gut in der nuklearen Anlage ausgekannt haben mussten. Nur eine hochspezialisierte Gruppe mit Insiderwissen konnte demnach in der Lage gewesen sein, Alarmsysteme auszuschalten und alle Schranken zu überwinden. Die Täter haben offenbar genau gewusst, wo sie aktiv werden wollten“ (6).

Im Nachhinein erweist sich die hinter der Aktion vermutete „hochspezialisierte Gruppe mit Insiderwissen“ als gar nicht so abwegig und zeigt deutlich, mit welch kriminellen Methoden von der Nuklearindustrie agiert wird. Inzwischen baut China auch mit Hilfe der offensichlich durch diese Geheimdienstoperation erbeuteten Informationen an dem Hochtemperaturreaktor auf der Halbinsel Shandong (Weihai) weiter (7). Die Brennelementefabrik in der Inneren Mongolei (Baotou) ist angeblich so gut wie fertig und absolviert mehrere Tests. Mit der Produktion von jährlich 300.000 radioaktiven Brennelementen soll im August 2015 begonnen werden (8).

BRD-Forscher und –Institutionen arbeiten für den HTR in China

Liest man die Artikel auf der englischsprachigen Homepage „World Nuclear News“ (WNN) über den in Bau befindlichen HTR-PM (auch High-temperature gas-cooled reactor – HTGR genannt) in China, so fällt auf, dass die Niederlande und die BRD bei seiner Entwicklung involviert sind. In den niederländischen „NRG Hot Cells“ in Petten durchliefen fünf chinesiche Brennelementkugeln seit 2012 verschiedene Testverfahren. In einem zweiten Schritt wurden trotz aller vollmundigen Bekenntnisse zum Atomausstieg in dem Karlsruher Institut für Transurane (JRC-ITU) Erwärmungstests unter Störfallbedingungen mit dem chinesischen HTR-Brennstoff durchgeführt (9).

Vom 27. bis 31. Oktober 2014 fand im chinesischen Weihai ein internationaler HTR-Kongress statt, an dem bundesdeutsche Wissenschaftler durch ihre Präsentation eigener Forschungsergebnisse zum THTR „glänzen“ konnten. Die Technische Universität Dresden war durch Professor Hurtado vertreten, das Forschungszentrum Jülich durch Professor Allelein und S. Kasselmann, das Institut für Kernenergetik und Energiesysteme (IKE) Uni Stuttgart durch J. Lapins, Westinghouse Deutschland durch D. Knoche usw ... (10). Obwohl die BRD aus der Atomkraft „aussteigt“, wird an der HTR-Linie allen Beteuerungen und Verlautbarungen zum Trotz weitergeforscht!

Unberechenbarer Kugelhaufen

Doch auf einem Problem bleiben die chinesischen HTR-Feunde trotz vielfältiger Unterstützung aus Europa auch in Zukunft sitzen: Auf dem sprichwörtlich unberechenbaren Kugelhaufen!

Gleich sechs chinesische Wissenschaftler beißen sich an diesem seit Jahrzehnten bekannten Problem in einer aktuellen Studie die Zähne aus: „Analyse der porösen Struktur eines ungleichmäßig gepackten Kugelhaufens eines gasgekühlten Hochtemperaturreaktors“. Die ach so schlimme Schwerkraft macht mal wieder Probleme: „In axialer Richtung ergeben sich im unteren Bereich des Kugelhaufens Schwankungen und die Porösität variiert aufgrund des Schwerkrafteinflusses mit der Höhe des Kugelhaufens“ (11).

Hättet Ihr das nicht vor dem Bau des Reaktors durchdenken können?? - Tja, wie man diesen chaotischen Kugelhaufen bändigt, da können wir leider auch nicht helfen, obwohl wir in der BRD auf jahrzehntelange Erfahrungen und Experimente zurückblicken. Auf jeden Fall wünschen wir Euch toi, toi, toi – und hoffentlich passiert nichts Schlimmes ...

Anmerkungen:

1. THTR Rundbrief Nr. 95 Dez. 2004#Das atomare Dreieck: Deutschland, Südafrika und Pakistan

2. http://www.sbe-international.com/

3. http://www.derwesten.de/politik/stasi-wusste-alles-ueber-den-schnellen-brueter-in-kalkar-id10322529.html

4. THTR Rundbrief Nr. 117, Nov. 2007#PBMR: Graphitkugeln zu Leukämie!

5. „Frankfurter Rundschau“ vom 26. Februar 2015

6. THTR-Rundbrief Nr. 118, Dezember 2007

7. „World Nuclear News“ vom 5. Januar 2015

8. „World Nuclear News“ vom 19. September 2014

9. Siehe Anmerkung 3

10. http://www.inet.tsinghua.edu.cn/htr2014/

- http://archer-project.eu/images/roelofs.pdf

- http://archer-project.eu/images/lustfeld.pdf

- http://archer-project.eu/images/seeger.pdf

- http://archer-project.eu/images/stckel.pdf

11. „atw“, Februar 2015

 

AVR Jülich:

Sollen Castoren nach Ahaus? Reaktor wird gekippt.

AtomkraftgegnerInnen aus Jülich, dem Münsterland und dem gesamten Bundesgebiet sind sich einig: Sie fordern den Verbleib der 152 Castoren in einem sicheren Lager in Jülich. Weder die USA noch Ahaus sind sinnvolle Optionen für die 300.000 Brennelementekugeln!

Zweifel an der USA-Option

Bezüglich der Export-Pläne in die USA sehen sich die Anti-Atomkraft-Initiativen inzwischen bestätigt: Ihre Zweifel an der rechtmäßigen Durchführung der Castor-Exporte, die sie im September 2014 mit zwei juristischen Gutachten untermauert hatten, werden nun laut Medienberichten offenbar von einigen Mitarbeitern der zuständigen Ministerien geteilt.

„Durch unsere Kontakte in die USA wissen wir, dass die Veröffentlichung der dortigen Umweltverträglichkeitsprüfung für die Annahme der Castoren nun ein drittes Mal verschoben wurde“ erklärt Marita Boslar aus Jülich. Diese Aufschiebe-Taktik löst jedoch nicht das Atommüllproblem; das hat das jahrelange Aussitzen in Jülich bereits gezeigt.

Ahaus als Plan B bringt keinen Sicherheitsgewinn

Mit Sorge sehen die AtomkraftgegnerInnen jedoch, dass nun die Castortransporte von Jülich nach Ahaus favorisiert werden. Ahaus ist zwar nicht wie Jülich ohne Genehmigung, aber ebenso wenig gegen Flugzeugabstürze und Terrorangriffe gesichert.

„In Ahaus gibt es keine Möglichkeiten beschädigte Castoren zu reparieren oder umzuladen, in Jülich hingegen schon, da die Castoren dort in den heißen Zellen beladen wurden“, erklärt Felix Ruwe von der BI-Ahaus.

Vom Ahauser Zwischenlager aus lassen sich die Brennelementekugeln nicht ohne weiteres in ein noch zu findendes Atommülllager schicken. Vorher müssten sie noch mal konditioniert, also bearbeitet und umverpackt werden – vermutlich wieder in Jülich. „Damit verstoßen die Castortransporte von Jülich nach Ahaus gegen den rot-grünen Koalitionsvertrag; darin heißt es, dass die Brennelemente nur noch einmal und zwar in ein 'Endlager' transportiert werden sollen“, so Felix Ruwe.

152 Castoren müssten über die Autobahnen in NRW von Jülich nach Ahaus gebracht werden. „Die Castortransporte von Jülich nach Ahaus bringen zusätzliche Transport-Risiken für unzählige Menschen an der Strecke aber keinen Fortschritt im Atommülldilemma“ so Michael Harengerd vom BUND NRW. „Wir haben in der Vergangenheit mit dem Autobahnaktionstag gezeigt, wie gut der Widerstand zwischen Jülich und Ahaus vernetzt ist – und wir werden mit den Protesten nicht warten bis die Castoren in Ahaus vor der Tür stehen“, fährt Michael Harengerd fort.

Die Anti-Atom-Initiativen werden weiterhin eng zusammenarbeiten und jeden Schritt des Forschungszentrums und der zuständigen Ministerien und Behörden verfolgen. „Gemeinsam werden wir uns querstellen, wenn die Castoren Jülich verlassen sollten – egal wohin“.

Aus der Presseerklärung des Bündnis gegen Castorexporte und des Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen im April 2015

AVR Jülich: Reaktor wird gekippt

Beim Rückbau des ersten Kugelhaufen-Hochtemperaturreaktors finden die letzten kleinen Arbeiten zur Verlagerung des Reaktorbehälters in Jülich statt. Der radioaktiv belastete Behälter aus dem stillgelegten Forschungsreaktor soll im Mai oder Juni in das neu gebaute Zwischenlager 200 Meter entfernt gebracht werden.

Das teilte die Betreiberin Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor (AVR) mit. „Die großen Arbeiten sind alle abgeschlossen”, sagte AVR-Sprecher Wilfried Hubrich.

16 Jahre nach der Stilllegung des Forschungsreaktors hatte die AVR im November mit der Verlagerung des Reaktorbehälters begonnen. Die hochstrahlenden Brennelemente waren schon 1994 aus dem Behälter entfernt worden und liegen in einem Zwischenlager auf dem Gelände des Forschungszentrums.

Der Behälter werde mit einem besonderen Schwerlastsystem transportiert: einem System aus 15 Modulen mit 360 Rädern. Nach vier Stunden soll der Transport abgeschlossen sein. Besondere Vorsichtsmaßnahmen seien nicht erforderlich. Da die Strahlung nach außen abgeschirmt sei, gibt es nach AVR-Angaben keine radiologische Gefährdung. Die Reaktorhülle soll erst dann zerlegt werden, wenn ein atomares Endlager und die Aufnahmebedingungen dazu feststehen.

Nach der Stilllegung des Reaktors 1988 war der sichere Einschluss geplant. Nachdem aber 1999 eine radioaktive Belastung im Boden und Grundwasser festgestellt wurde, vereinbarten Bund und Land den vollständigen Rückbau.

Aus: „Aachener Nachrichten“ vom 6. 4. 2015

 

THTR-Kosten:

Eigenkapital aufgezehrt

Es ist immer wieder bemerkenswert, wie seit 1997 mit den Kosten für den Stilllegungsbetrieb des THTR Hamm umgegangen wird. Normalerweise sollte man meinen, dass die HKG als Betreibergesellschaft alleine für ihre Anlage zuständig wäre. In der Realität werden jedoch Bund und Land seit Jahrzehnten kräftig zur Kasse gebeten.

Da die alte Regelung der Kostenübernahme 2009 ausgelaufen ist und erst am 22. 10. 2014 nach längeren geheimen Verhandlungen zwischen dem Land NRW und der HKG die 3. Ergänzungsvereinbarung unterzeichnet wurde, befand sich die gesamte Finanzierung für den Stilllegungsbetrieb der nuklearen Anlage ganze fünf Jahre lang in einem nebulösen Schwebezustand! – Dies ist der Antwort von dem NRW-Finanzministerium auf eine Anfrage der NRW-Landtagsfraktion der „Piraten“ vom 16. Januar 2015 zu entnehmen.

Die 3. Ergänzungsvereinbarung gilt für den Zeitraum der Jahre 2010 bis 2022. Die Kosten für den sogenannten sicheren Einschluss wurden und werden demnach in diesem Zeitraum von der Betreibergesellschaft übernommen.

Die Kosten für die „Endlagervorausleistungen“ werden - wie in der Vergangenheit praktiziert - gedrittelt und von der HKG, dem Bund und dem Land NRW übernommen. Das Land NRW hatte während des „Schwebezustandes“ von 2010 bis 2014 für die Endlagervorausleistungen 2,605 Mio. Euro gezahlt; für das Jahr 2015 werden es 0,929 Mio. Euro sein.

Von 2016 bis 2022 erhöhen sich diese Kosten mit insgesamt 31,9 Mio. Euro für das Land NRW sehr deutlich. Unklar ist, wie es nach dem Jahr 2022 weitergehen soll. Die HKG hat über diesen Zeitraum hinweg kein flüssiges Geld mehr zur Verfügung. „Das Eigenkapital wird durch den Verlustvortrag aufgezehrt“ heißt es in der Antwort des NRW-Finanzministeriums an die „Piraten“.

Die HKG-Rückstellungen für den Rückbau des THTR werden für den 31. Dezember 2013 mit 703,005 Mio. Euro beziffert. Teurer dürfen also Stillegungsbetrieb, Rückbau, „Salzgitterfond“ und Endlagerkosten nicht werden.

Ein juristisches Gutachten, das vom NRW-Finanzministerium zur Bewertung der zukünftigen Zahlungsverpflichtungen in Auftrag gegeben wurde, bleibt geheim. Es sei „dem Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung zuzurechnen“ lautet die Begründung des Ministeriums.

Wie teuer ein Rückbau des THTR würde, bleibt unklar. Eine Fortschreibung der Siemelkamp-Studie aus dem Jahr 2007 ist nicht vorgesehen. Die damals anvisierten 347 Millionen Euro wurden schon damals von zahlreichen Kritikern als deutlich zu niedrig angesehen. Selbst der zwanzig mal kleinere AVR verschlingt beim Rückbau etwa eine Milliarde Euro.

 

WA-Verleger expandiert:

Tippen für Ippen

Dirk Ippen, Verleger der Hammer Tageszeitung „Westfälischer Anzeiger“, besitzt zahlreiche Lokalzeitungen in der ganzen Bundesrepublik. Seit einiger Zeit baut sein Medienkonzern seine Vormachtstellung auch in Hessen aus.

Bereits im Jahr 2003 übernahm er die eher sozialdemokratisch geprägte „Hessische/ Niedersächsische Allgemeine“ (HNO). Mit dem Rückzug des Madsack-Konzerns im Rhein-Main-Gebiet greift der konservative Ippen über die mit ihm verbundene „Medien Beteiligungsgesellschaft“ (MBG) nach weiteren Lokalzeitungen und leitet damit einen umfassenden Konzentrationsprozess in Hessens Medienlandschaft ein:

„Im gesamten Norden des Bundeslandes hat die Ippen-Gruppe nun ein Quasi-Monopol. Denn Geschäftsführer der MBG ist Daniel Schöningh, Neffe des Zeitungsverlegers Dirk Ippen, der die Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) und die Offenbach Post verlegt. Die MBG selbst hält Beteiligungen an einer Reihe von Medienbetrieben in Nord- und Osthessen, unter anderem an der Werra-Rundschau in Eschwege, an der Hersfelder Zeitung sowie an mehreren Anzeigenblättern. Nun kommen also die Waldeckische Landeszeitung und die Frankenberger Zeitung mit einer Auflage von zusammen etwa 22.000 Exemplaren hinzu.

»Ganz Nordhessen ist jetzt zeitungstechnisch Ippen-Land«, kommentierte ver.di-Landesfachbereichsleiter Manfred Moos die Expansion. Diese tut weder der Medienvielfalt noch den Beschäftigten gut. Denn wie die Wettbewerber setzt Ippen auf »Synergieeffekte«, deren erstes Opfer offenbar die Waldeckische Allgemeine ist.“

Aus: „Junge Welt“ 9. 4. 2015

Weitere Infos: „Ippen auf Expansionskurs“ in THTR-RB Nr. 77:

THTR Rundbrief Nr. 77-November-2002#Tippen für Ippen

 

Erwitte:

Längster Streik der BRD-Geschichte

Regionalgeschichte

Vor 40 Jahren fand im westfälischen Erwitte der längste Firmenstreik in der BRD statt. Dort streikten die Arbeiter 449 Tage lang und besetzten die Zementfabrik von Seibel & Söhne für zwei Monate. Solidaritätsaktionen und Gerichtsprozesse fanden auch in Hamm statt. Ich habe darüber im Februar 2015 einen Artikel in der Monatszeitung „Graswurzelrevolution“ geschrieben: „Provinzielle Arbeiter gegen Parvenue-Kapitalist!“

http://www.machtvonunten.de/gewerkschaften.html

 

Vor 30 Jahren:

Katastrophenschutzplan für THTR

Im Jahr 1985 konnte kurz vor der Inbetriebnahme des THTR der Katastrophenschutzplan von der Hammer Bevölkerung eingesehen (aber nicht kopiert!) werden. Auf einer Ratssondersitzung erhielten 500 interessierte Bürger die Möglichkeit, einige wenige Fragen zu stellen, die allerdings völlig unzureichend beantwortet wurden. - Und protestiert wurde natürlich auch! Über das denkwürdige Spektakel habe ich damals mehrere Artikel geschrieben:

Aus: "Der grüne Hammer" (Neue Folge, Hg. GAL Uentrop), Nr. 3, 1985 Der Pleite-Reaktor: THTR

Aus: "Grünes Info", Monatszeitung des NRW-Landesverbands der Grünen, Juli/August 1985 THTR und Ratssitzung – eine Katastrophe!

 

Braunkohle

Widerstand im Rheinland

Der Aufruf zur "Anti-Kohle-Menschenkette" am 25. April 2015 forderte einen kompletten Kohleausstieg erst in 25 Jahren! Und den endgültigen Stop vom Braunkohle-Tageabbau in Garzweiler zwei erst in 15 Jahren! - Was davon zu halten ist und wie kritische Solidarität mit dem Braunkohlewiderstand unter diesen Bedingungen aussehen kann, erörtert dieser Artikel in der Ausgabe 398 der „Graswurzelrevolution“:

http://www.graswurzel.net/398/kohle.php

... und hier kann man sich über die Widerstandsdiskussionen informieren:

http://sovie-koelner-gruppe-gegen-braunkohle.de/#

https://ende-gelände.org/

 


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